Taifun-Bericht: Im Zentrum des Sturms Jebi

Als Taifun werden tropische Wirbelstürme bezeichnet, die mit sehr starkem Wind- und Wellengang einhergehen. Je nach Stärke können sie verheerende Auswirkungen mit sich bringen. Während wir bei uns in Deutschland von solch drastischen Wetterereignissen größtenteils verschont bleiben, wird Japan mehrmals im Jahr von Taifunen bedroht. Besonders im Sommer bilden sich die bedrohlichen Wirbelstürme im tropischen Süden und bahnen sich ihren Weg Richtung Japan. Zwar sind die Stürme heutzutage gut vorhersehbar, aber dennoch solltest du die Zerstörungskraft solcher extremen Wetterbedingungen nicht unterschätzen.

Anfang September letzten Jahres (2018), waren wir in Ōsaka, als der stärkste Taifun der letzten 25 Jahre vom Süden auf Japan traf und mitten durch Ōsaka wütete. In diesem Artikel berichten wir dir von unserer Taifun Erfahrung mit dem Taifun Jebi.

Straße nach dem Taifun

Direkt nach dem Taifun waren Gehwege und Straßen voll mit Blattwerk und Müll.

Was ist ein Taifun überhaupt?

Taifune bezeichnen Wirbelstürme, die über dem pazifischen Ozean entstehen. Sie entstehen, wenn das Meerwasser durch die Sommerhitze hohe Temperaturen von über 26° an der Oberfläche erreicht. Dadurch verdunstet eine Menge Wasser und die feucht-warme Luft steigt auf. Dies führt zu einem Sog, der weitere feucht-warme Luft der Umgebung anzieht und ebenfalls nach oben zieht. In der Höhe kühlt sich die Luft ab und es entstehen Wolken. Außerdem treten in Höhen natürliche Luftwirbel durch die Erdrotation auf. Zusammen mit den Wolkenmassen der aufsteigenden warmen Luft wird aus den Wolken ein rotierendes Gewitter und der Sogeffekt am Boden wird weiter verstärkt. Während es im Auge eines solchen Taifuns meist nahezu windstill ist, können rundherum enorme Windgeschwindigkeiten erreicht werden.

Meist lösen sich solche Taifune erst über Land auf, da sie nicht weiter mit besonders feucht-warmer Luft genährt werden. Jedoch können sie bis dahin eine Schneise mit verheerenden Schäden hinter sich herziehen.

Hurrikane und Zyklone sind die gleichen Wetterphänomene wie Taifune. Je nachdem über welchem Meer der Wirbelsturm entstanden ist, wird eine andere Bezeichnung verwendet. Stürme, die über dem Atlantik entstehen, bezeichnet man üblicherweise als Hurrikane. Zyklone entstehen über dem indischen Ozean und Taifune über dem Pazifik.

Taifun Jebi wütet in Ōsaka

Sowohl Leslie als auch ich waren am Tag des Taifuns in Ōsaka. Wie wir am Tag zuvor herausbekommen haben, sogar zufälligerweise im gleichen Hotel nahe Shin-Ōsaka Station. Wir haben die vielen Warnungen vor dem Taifun mitbekommen, hatten aber beide noch keinen schlimmen Taifun miterlebt. Daher waren unsicher wie lange das wohl anhalten wird und wie viel Zerstörungskraft da auf uns zurast. Schließlich beschlossen wir uns am Morgen noch zum Frühstücken und Vorräte einkaufen zu treffen, da der Taifun gegen Mittag erwartet wurde.

Warnhinweis wegen Taifun Jebi

An allen wichtigen Orten konnte man Warnhinweise wegen des ankommenden Taifuns finden.

Vor dem Taifun – Die Ruhe vor dem Sturm

Wegen der Nähe unseres Hotels zur Shin-Ōsaka Station war der Plan uns dort ein nettes Frühstücksrestaurant zu suchen, bevor wir uns im Hotel einbunkern. Zu unserer Überraschung war dort bereits früh am Morgen alles zu. Außerdem sind Züge auch teilweise nicht mehr gefahren und überall hingen weitere Warnschilder vor dem Taifun. Dabei war das Wetter zu dieser Zeit noch sonnig und ziemlich windstill. So langsam fingen wir an zu begreifen, wie Ernst dieser Sturm wird.

Untätiger Dinge sind wir dann zurück Richtung Hotel aufgebrochen und haben uns im nächsten noch offenen Konbini mit Sturmproviant eingedeckt. Glücklicherweise konnten wir auch noch einen geöffneten Fastfood Laden direkt bei unserem Hotel finden, sodass wir doch noch unser Frühstück erhalten haben. Zum Ende des Frühstücks wurde es auch langsam windig und es fing an wie aus Eimern zu schütten.

Schnell ins Hotel, wo die Mitarbeiter auch Informationen zu ausfallenden Zügen auf ein Whiteboard geschrieben hatten.

Nachrichten über Taifun Jebi

Während wir uns im Hotel vor dem Sturm geschützt haben, blieben wir dank Nachrichten und Twitter auf dem Laufenden.

Während des Taifuns – Gefangen im Hotel

Im vermeintlich sicheren Hotelzimmer haben wir während des Sturms ausgeharrt. Im Zimmer haben wir die Nachrichten sowie Twitter über Sturm Jebi verfolgt. Die Berichte und Aufnahmen der Wellen des Meeres haben uns dabei immer mehr in Ausnahmestimmung versetzt. Uns war jetzt klar, dass wir das Hotel wohl die nächsten Stunden nicht verlassen können – für wie lange genau wussten wir nicht.

Sowohl Wind als auch Regen nahmen immer mehr zu. Außerdem haben Mitarbeiter bereits Sandsäcke an der Eingangstür des Hotels verteilt. Als der Sturm vollends in Ōsaka angekommen war konnten wir auch aus unserem Fenster herumfliegende Äste beobachten. Außerdem einige abgerissene Lamellen von Klimaanlagen! Alles was nicht allzu schwer und gut befestigt war hat verdächtig stark gewackelt. Auf Twitter wurden immer mehr Katastrophenvideos und -bilder geteilt, wie ganze Gerüste und teilweise Strommasten umfielen! In den Nachrichten wurde ein Bild vom Kansai Airport gezeigt, von dem man nichts mehr gesehen hatte. Tatsächlich dachten wir kurze Zeit es sei wieder nur ein Bericht über das Meer und die Wellen, in Wirklichkeit war der komplette Flughafen überflutet. Als wäre das nicht schon dramatisch genug hatte sich zudem ein Schiff losgerissen und ist in die Brücke zum Flughafen gekracht. Man konnte in den Nachrichten sehen wie es Welle um Welle langsam die Brücke zerstört.

Nach einigen Stunden ließen der Wind und der Regen nach. Der Sturm war über Ōsaka rüber gezogen, wir hatten es überstanden!

Sandsäcke vor dem Hoteleingang

Mitarbeiter des Hotels haben extra Sandsäcke am Eingang platziert.

Nach dem Taifun – Das Ausmaß der Zerstörung

Am Abend nach dem Sturm wollten wir uns nochmal auf die Suche nach Essen machen. Die Windgeschwindigkeiten hatten sich wieder normalisiert, es gab nur noch leichten Regen. Da auch 3 Stunden nach dem Sturm die Öffis Richtung Ōsaka Station noch nicht wieder in Betrieb waren sind wir ein wenig durch die Nachbarschaft spaziert, um das Ausmaß der Zerstörung zu begutachten. Die Straßen waren zwar voller Schrott, Müll und übersäht mit Blattwerk, aber zu unserer Überraschung hatten die Aufräumarbeiten bereits begonnen. An vielen der beschädigten Bäume wurden auch schon die abgeknickten Äste abgesägt. Dennoch war nicht zu übersehen, dass hier ein Sturm gewütet hat: überall am Wegesrand noch Metallstücke, abgestürzte Klimaanlagen und Scherben von kaputten Scheiben.

Überraschenderweise haben wir kurz darauf auch wieder Züge fahren gesehen und sind Richtung Dontonbori aufgebrochen zum Essen. Sehr viele Läden waren verständlicherweise noch geschlossen, aber wir haben noch einen Ramen Laden gefunden, der geöffnet war. So ließen wir unseren vermutlich stürmischsten Tag im Leben ausklingen.

Obwohl wir selbst aus unserem Hotel nicht sehr viel Spektakuläres gesehen haben, war es dennoch eine sehr aufregende und zugleich beunruhigende Erfahrung. Insgesamt hat Taifun Jebi drei Tote gefordert und mehr als 160 Menschen verletzt. Sehr viele Plätze waren für die kommenden Tage geschlossen, sodass wir unsere Pläne teilweise anpassen mussten. Darunter beispielsweise USJ, der Zoo und viele Wanderwege. Besonders schlimm hat es natürlich den Kansai Flughafen getroffen, an dem mehrere hundert Menschen gestrandet waren. Weder Flugzeuge noch Autos konnten dahin oder weg. Teilweise konnte man auch Lieferprobleme bemerken, das erste Mal haben wir leere Konbinis gesehen. Auch 6 Monate nach dem Sturm konnte Leslie an den Minō Wasserfällen Schäden des Sturms sehen.

Taifunschäden in Minō

An den Minō Wasserfällen waren auch ein halbes Jahr nach dem Taifun noch Schäden zu sehen.

Persönliche Meinung

Für mich persönlich war es der erste Taifun, den ich miterlebt habe. Anfangs war ich nicht besonders besorgt und habe es mir nur als sehr windigen Tag vorgestellt. Die vielen Warnungen bezüglich des Taifuns haben mir aber bereits Hinweise gegeben, dass es wohl schlimmer ist als gedacht. Obwohl ich nicht viel sehen konnte aus dem Hotelzimmer, war doch klar, dass es nahezu unmöglich gewesen wäre während des Sturms hinaus zu gehen. Zumal es ungemein gefährlich gewesen wäre mit den herumwirbelnden Holz- und Metallstücken!

Die nächste Überraschung war, wie schnell es dann plötzlich vorbei war. Außerdem wie geordnet und gut geplant die Aufräumarbeiten direkt nachdem Jebi vorbeigezogen war begonnen hatten. Als wir uns wieder hinaus wagten waren zwar die kleinen Straßen noch unbefahrbar, größere Straßen und wichtige Kreuzungen waren aber bereits komplett freigeräumt.

Ich fühlte mich ein wenig an Harvest Moon aus der Kindheit zurückerinnert, bei dem es im Sommer auch immer ein paar Taifuntage gab, zu denen man nicht aus dem Haus konnte. Während ich das früher nicht verstanden habe, kann ich das nun voll und ganz Nachvollziehen! 😉

Aufräumarbeiten nach dem Taifun

Bereits kurz nach dem Sturm wurde mit den Aufräumarbeiten auf der Straße und an den Bäumen begonnen.

 

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